Gespräch mit Ulli

Hatten Sie soziale Kontakte in der Quarantäne-Zeit? Wenn ja, wie haben Sie Kontakte gehalten?

Die Quarantäne-Zeit habe ich allein in meiner Wohnung verbracht. Da ich einen Schlaganfall hatte, gehöre ich der Risikogruppe an. Meine Bekannten konnte ich in der Quarantänezeit nicht treffen, weil sie ebenfalls der Risikogruppe angehören.

Foto © Bea Nielsen
Was hat Ihnen in der Zeit geholfen?

Ich habe mir ein Malbuch für Erwachsene gekauft, das ich mit Buntstiften ausgemalt habe. Dafür stellte ich mir die Aufgabe, die vorgegeben Flächen nicht nur einfarbig zu gestalten, sondern durch Farbnuancen einen natürlichen Eindruck, zum Beispiel der Blättern und Blüten, zu erhalten. Es fiel mir auch nicht immer leicht, die vielen verschiedenen Farbflächen festzulegen und die Vorlagen ausgewogen zu gestalten. Einige Flächen habe ich beispielsweise auch bewusst offen gelassen, um das Bild nicht zu überladen. In jener Zeit habe ich mich dieser Beschäftigung sehr intensiv gewidmet, aktuell habe ich dafür gar keine Zeit mehr.

Gelesen habe ich auch sehr viel. Aber erst abends, weil im Fernsehen oft nichts Gescheites lief. Die Bücher aus der Reihe von Renate Bergmann, einem Synonym für einen jungen Schriftsteller, las ich am liebsten. Es hat einen sehr witzigen, ironischen Blick auf das Alter, obwohl es von einem jungen Mann geschrieben wurde. Darüber konnte ich herzhaft lachen. Ich lese insgesamt sehr viel und möchte noch viel mehr lesen. Gern würde ich zum Beispiel alles von Siegfried Lenz lesen, den ich erst vor Kurzem für mich entdeckt habe. Früher hatte ich leider noch keine Interesse an ihm als Autor. Alles, was ich noch lesen möchte, werde ich nicht mehr schaffen. Aber es lohnt sich dafür zu leben und ich möchte deshalb noch möglichst lange leben. Das Stillleben habe ich gemalt, weil für mich die Natur unverbraucht und unvoreingenommen ist. Natur berührt mich und fehlt mir in der Stadt. In der Quarantänezeit hätte ich mehr Natur gebraucht.

Wie hat sich heute ihr Leben durch Corona und die Quarantäne-Zeit verändert?
Foto © Bea Nielsen

Durch die Corona-Zeit hat sich mein gesundheitlicher Zustand vor allem durch den Bewegungsmangel verschlechtert, womit ich bis heute zu kämpfen habe. Außerdem bin ich sehr besorgt aufgrund der Achtlosigkeit vieler Menschen, die keine Masken tragen und ignorant sind. Auch wenn ich die Kritik an den Maßnahmen der Regierung verstehen kann, aber wie jetzt in Berlin demonstriert wurde, finde ich sehr störend.

Folgenden Text schrieb Ulrike handschriftlich über ihre Wahrnehmung und Ängste hinsichtlich der Corona-Zeit. Die beschriebene Seite wurde Teil der Installation.

Corona und Ich

Corona war plötzlich da. Frage was verbirgt sich dahinter?
Dann kamen Einschränkungen – Masken tragen – desinfizieren – Abstand halten.

Kontakte einschränken. Das war schwer für mich, denn ich bin allein.

Wie bewältige ich diese KRISE?

Kontakte habe ich per Telefon mit meinen Bekannten gepflegt. Leider musste das Seniorenbüro

„Inge & Walter“ schließen, das ich sehr gerne besuche.

Ablenkung fand ich mit der Malerei. Ich bekam ein Malbuch für Erwachsene geschenkt.

Die Malerei hat mir Freude und Ablenkung gebracht.

Nun hoffe ich, wenn alle Menschen sich an die Vorgaben halten, bald eine Besserung eintritt.

Meine Beobachtungen lassen mich aber zweifeln.

Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.

Ulrike Barthel